Künstler:in Profil

Emil Walde

  • Skulpturen, Installation

Beschreibung

Emil Waldes skulpturalen und installativen Arbeiten liegt eine Durchdringung des Ortes zugrunde.
Die Verhältnisbestimmung von Raum und Zeit sowie eine Analyse der kulturellen Inskription und Dimension sind Ausgangspunkte für die Entwicklung seiner Heterotopien. Sie entfalten ihre Mystik durch sachte Verschiebungen der eingeschriebenen Raumdramaturgie durch partielles Eingreifen und Hinzufügen, Hervorheben, Austauschen und Restaurieren von vorhandenen Elementen sowie die Veränderung des Lichts. Die Raumsituation wird so entzeitlicht. Es entsteht die für die Arbeiten Waldes typische Verhandlung des binären Verhältnisses von Innen- und Außenraum. Er verschränkt, verwebt und expandiert diese dichotomen und relationalen Kategorien von Raum und schafft neue utopische Raumhybride, die eine zeitliche Verortung kaum zulassen. Innen und Außen  – zwei Pole einer dualistischen Konstruktion von physischem und sozialem Raum werden synchronisiert, vertauscht und ihre Evidenz in Frage gestellt.
Walde invertiert räumliche Situationen und lenkt die Aufmerksamkeit auf den Zwischenraum als Ort, der sich einer eindeutigen Zuschreibung entzieht. Der Raum dazwischen, die Lücke, der negative Raum sind die Labore, in denen Walde seinen Heterotopien sowie einen Raumbegriff zwischen Geschichte und Fiktion entwickelt. In diesen Zwischenräumen erforscht er die soziale Prädisposition von Architektur und Skulptur. Ein Wechselspiel aus Inklusion und Exklusion des Betrachters erfordert eine permanente Positionierung des Individuums.
Der Ausstellungsort und sein Inventar, sowie seine Historie bildet das Hauptmedium der vielfältigen künstlerischen Praxis von Emil Walde. Der Raum wird seziert, Geschichten freigelegt und vergraben, Vergangenheit und Zukunft synchronisiert. In einer Art Bestandsaufnahme destilliert Walde die Kondition des Ortes oder spezifischer Objekte heraus, um diesen eine weitere Dimension hinzuzufügen.
Zwischen opulenter Materialdekadenz und asketischer Reduktion der Mittel erzeugt Walde in seinen Arbeiten – die er von einzelnen skulpturalen Objekten hin zu raumgreifenden Installationen skaliert – eine Art verzerrte Parallelwelt. Diese wird betreten – sowohl beschwerlich als auch unbemerkt – manchmal jedoch auch nur durch ein Guckloch betrachtet.
Eine wichtige Kategorie von Raumhybriden bilden die portablen Raumkapseln, die Walde unter anderem aus Wohnmobilen und Tanks entwickelt. Diese Raumimplantate sind für die Dramaturgie von großer Bedeutung, da sie die Betrachter*innen die Reibung zwischen Innen- und Außenraum spüren lässt, indem der Innenraum, indem sie sich wähnen, plötzlich zum Außenraum wird. Durch die Kombination von neuen und gebrauchten Materialien, den sensiblen Umgang mit Oberflächen sowie durch den Einsatz künstlicher Lichtquellen werden Assoziationen zu prototypisch futuristischen Science-Fiktion-Räumen geweckt. Objekte, deren Oberflächen und Materialien eine strapaziöse Geschichte von Zeit erzählen, erhalten Prothesen und Ergänzungen aus Materialien, die durch standarisierten Einsatz in Alltag und Technologie bekannt sind. Hierbei handelt es sich keinesfalls um einen nostalgisch motivierten restauratorischen Eingriff, sondern eine künstlerische Setzung, die vielmehr die Collage hervorhebt und nicht die Vervollständigung im Sinne der Vergangenheit. Manche Objekte werden durch Performer*innen reaktiviert und neu kontextualisiert.
Text: Sabrina Podemski

Emil Walde ist einer der zehn Finalist:innen des Kunstpreis PHÖNIX 2024 und damit Teil der Shortcut-Ausstellung im Rahmen der Preisverleihung.